Veit Stiller

2003 – BARMHERZIGKEIT FÜR JEDERMANN – DAS ST.HEDWIG – KRANKENHAUS (BUCH)

Ein Aufsatz

Ein großer roter Backsteinbau, im Mischmasch der Neostile errichtet und gerade frisch vom Sandstrahl verjüngt, bestimmt zwischen Sophien- und Krausnickstraße das Bild der Großen Hamburger Straße. Nur leicht zurück gesetzt, zieht er in der engen Straße nicht gerade die Blicke auf sich, aber der sinnierende Flaneur wird zuweilen durch Blaulicht und Martinshorn von Notarztwagen aus seinen Betrachtungen gerissen, die in einer seitlichen Tordurchfahrt verschwinden. Hier, im Herzen der Spandauer Vorstadt, nicht in der Mitte – wohlgemerkt, hat das St.Hedwig-Krankenhaus seinen Sitz.

Westlich grenzt das katholische Klinikum an die Neue Synagoge und auf der anderen Seite trennen es die Straße und eine Häuserreihe von der evangelischen Sophienkirche. Ein für dieses Areal bezeichnendes Nebeneinander.

In der einstigen, inzwischen zur Lounge gewordenen, zentralen Zufahrt, empfangen an der Rezeption Nonnen im Habit die Besucher und geben gern Auskunft – auch über die Geschichte des Hauses. Der weiträumige, von Rabatten und Grünanlagen geschmückte Hof, im Sommer eine Augenweide, wird von einem Brunnen bestimmt, auf dem die Heilige Agatha milde wacht. Der den Hof abschließende Querbau mit neugotischem Portikus ist das sogenannte Hauptgebäude und zusammen mit der angrenzenden Kapelle der älteste Teil der weiträumigen Krankenhausanlage. Die Gebäude und mit ihnen auch Skulpturen und die im Ersten Weltkrieg durch Villeroy & Boch gestifteten farbigen Ornamentfliesen der Fußböden stehen unter Denkmalschutz.

„Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ – dieser Satz aus dem Neuen Testament steht im Glasfenster einer Tür des St. Hedwig-Krankenhauses. „In der Beschusszeit waren alle Fenster kaputt, bis auf zwei. Das in der Tür war eines davon“, berichtete Schwester Gunthilde – mit Beschusszeit meinte sie das Kriegsende. Die 1995 verstorbene Ordensschwester war 1939 aus Trier an das Haus gekommen und hat mehr als ein Drittel seiner über 150-jährigen Geschichte hautnah miterlebt. Von 1980 an führte sie bis zu ihrem Tode die Chronik des Hauses – und ist selbst eine Legende geworden.

Als die damals acht Barmherzigen Schwestern des Heiligen Karl Borromäus und das medizinische Personal von chirurgischer und innerer Abteilung 1854 mit ihren Pfleglingen (60 Patienten, 100 alte Leute und 40 Waisenkinder) in den gerade nach Plänen des Kölner Dombaumeisters Vinzenz Statz errichteten Neubau einzogen, war die „Krankenanstalt“ eigentlich ein Armenhospital und bestand schon acht Jahre – allerdings in der Kaiserstraße, die es heute so nicht mehr gibt, nahe dem Alexanderplatz.

Nach einjährigem Bedenken und durchlauchtigstem Wägen folgte der „Romantiker auf dem Thron“, König Friedrich Wilhelm IV., im März 1844 der von der kleinen katholischen Gemeinde schriftlich geäußerten und vom Berlins Armendezernenten, dem einflussreichen Fürsten Radziwill emsig protegierten Bitte, und erteilt die Genehmigung zur Einrichtung eines katholischen Krankenhauses. Es sollte die längst überforderte Charité entlasten. Das preußische Credo „jeder möge nach seiner Fasson selig werden“ hatte sich günstig mit klarem wirtschaftlichem Kalkül getroffen. Als Auflage des Preußischen Staates erging jedoch, dass das Krankenhaus, wie schon die Gemeinde, den Namen der Heiligen Hedwig zu führen habe, der Patronin Schlesiens, denn Berlin gehörte dazumal noch zum Erzbistum Breslau. Das St.Hedwig-Krankenhaus wurde damit zum ersten katholischen Krankenhaus in der (deutschsprachigen) Diaspora.

 

Am 14 September 1846 kamen dann auf dem Potsdamer Bahnhof vier Ordensschwestern in Begleitung ihrer Generaloberin aus dem Mutterhaus in Nancy an. Und Berlin stand Kopf. Die Schwestern unter Führung von Xaveria Rudler, der ersten Oberin des Krankenhauses, waren tagelang Stadtgespräch. Man kann da wohl getrost der Überlieferung Glauben schenken: 300 Jahre nach der Reformation hatten die Berliner vergessen, wie Nonnen aussehen. Und jetzt kamen gleich vier: in langen schwarzen Gewändern und mit weit ausladenden weißen Hauben auf dem Kopf. Außerdem holte Fürst Boguslaw Radziwill sie höchstselbst im offenen Wagen vom Bahnhof ab!

Der 14. September 1846 gilt seit dem als Geburtstag des Krankenhauses.

 

Begonnen hatte es jedoch bereits 1780 mit der Gründung des ersten katholischen Hospitals in der Gipsstraße 3 als Altenpflegeheim. Nach erfolgter Erlaubnis war bereits 1845 als Provisorium das Haus Kaiserstraße 29 vom „Verein für Pflege und Erziehung katholischer Waisenkinder“ angemietet worden. Es wirkte vor allem ambulant. Dort wurde im September 1846 auch eine Apotheke eröffnet und im Dezember konnte der erste Patient aufgenommen werden – man verfügte über drei Betten, Ende 1847 waren es über 50.

 

Die Entscheidung, mit der Führung des Krankenhauses den 1652 im lothringischen Nancy gegründeten und dort ansässigen Borromäer-Orden zu beauftragen, war übrigens auch nicht frei von politischem Kalkül gewesen. Die Kongregation, aus einer Wohlfahrtsstiftung hervorgegangen, widmete sich der Armenfürsorge, erschloss sich jedoch bald die Krankenpflege als wichtigstes Tätigkeitsfeld. Mit der Eröffnung einer Dependance 1811 in Trier, das nach dem Wiener Kongress 1815 in der Rheinprovinz aufging, hatte der Orden einen Standort im protestantischen Preußen erhalten. Die Kongregation in Trier, inzwischen Provinzialhaus für alle deutschen Niederlassungen, wurde auf Betreiben Preußens durch päpstlichen Erlass 1872 von Nancy gelöst, für eigenständig erklärt und zum Generalmutterhaus erhoben.

„Der Borromäer-Orden ist der einzige rein karitative Orden“, die kontemplativen Orden verwenden nur einen Teil ihrer Arbeit auf karitative Leistungen“, erklärte Schwester Gunthilde im Plauderton aber durchaus bestimmt: „Wenn der Mensch seinen Frieden mit Gott hat, wird er schneller mit der Krankheit fertig.“

Das offenbarte sich von Anfang an.

Als in den Wirren der Revolution 1848 auch das angemietete Logis in der Kaiserstraße gestürmt wurde und die Schwestern befragt, mit wem sie es halten, erklärte die Oberin Xaveria Rudler: „Wir halten es mit den Armen und Kranken – wir pflegen Eure Brüder und Schwestern.“ Zorn wandelte sich in Jubel und das Haus erhielt eine revolutionäre Ehrenwache; viele Verwundete aus dem Kämpfen wurden zur Behandlung dahin gebracht. Regierungen und Systeme kamen und gingen seit dem, an diesem Geist hat sich jedoch nichts geändert. Schwester Gundhilde: „Hier wurde immer die Atmosphäre der Barmherzigkeit, der Mitmenschlichkeit gepflegt. Das gibt den Patienten das Gefühl, nicht Objekt der Medizin zu sein. Das Menschliche hochzuhalten, war stets unser Kampf.“

Bis 1870 wuchs sich das Krankenhaus um das Hauptgebäude herum zu einer regelrechten Stadt mit Bäckerei, Fleischerei, Wäscherei und Wasserpumpwerk aus, in der vorübergehend sogar Vieh gehalten wurde. Im Jahre 1888 erfolgten der Anschluss an die städtische Wasserversorgung, die Installation von Gasbeleuchtung und die Einrichtung einer Telefonzentrale. Immer mit dem Fortschritt! Das ging so weiter, natürlich auch auf medizinischem Gebiet. Zum 50-jährigen Bestehen standen 500 Betten zur Verfügung, zehn Ärzte, 48 Ordens-, 16 weltlich Schwestern und 13 männliche Pfleger sorgten sich um die Patienten. Dazu kamen noch 60 weibliche Angestellte, zehn Handwerker und ein Seelsorger. Um 1900 besaß das Haus Abteilungen für Chirurgie, Urologie, Bauchchirurgie, Anästhesie und Intensivtherapie. Eine eigenständige Radiologische Abteilung folgte 1910, nur 15 Jahre nach Entdeckung der Röntgenstrahlen – das St.Hedwig-Krankenhaus war damit Vorreiter in der neuen medizinischen Disziplin. Im gleichen Jahr begann ein fest angestellter Pathologe seine Arbeit, und Labors für chemische und bakterielle Untersuchungen wurden eingerichtet.

„Das Gelübde der Beständigkeit und der Barmherzigkeit legte uns nicht nur Krankenpflege auf“, berichtete Schwester Gundhilde, „sondern auch Kinderpflege in Waisenhäusern, Jugendpflege in Schulen und die Durchsetzung der Hygiene. Das war damals besonders wichtig. Dazu bedarf es der Einführung modernster Methoden, das ist bis heute so.“ Eine Krankenpflegeschule bestand bereits seit 1907. „Diese besteht ohne Unterbrechung bis heute“ berichtete die Nonne nicht ohne Stolz, denn sie hatte wesentlichen Anteil daran: von 1949 an war sie bis 1963 Lehrausbilderin für Krankenschwestern, danach bis 1977 Schuldirektorin. Als die DDR die katholische Schwesternausbildung verbieten wollte, schaltete sich der Vatikan ein – und Schwester Gundhilde machte ein Staatsexamen: „Da musste ich halt noch mal ran. 100 Stunden Marxismus! Habe ich glatt gemacht. Die dachten doch, sie können uns auf die Tour stilllegen.“

 

In den 1920er Jahren erlangte die Urologie, infolge hier gemachter Entdeckungen, weltweite Bedeutung; die größte Ausdehnung erreichte das Krankenhaus 1928 mit 750 Betten und 80 Ordensschwestern. Von 1931 bis 1939 gehörte auch eine Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe zum Haus.

In der Novemberrevolution 1918 lagen hier, wie 1848 schon, Freund und Feind nebeneinander; im Kriege von 1870/71 und beiden Weltkriegen diente das St.Hedwig-Krankenhaus als Lazarett. Die schweren Jahre begannen 1933. Die Nazis forderten zunächst, das als Erholungsheim für Mitarbeiter und Rekonvaleszenten erworbene Schloss Falkenberg bei Grünau in ein Krankenhaus umzuwandeln; als „Hedwigshöhe“ ist es seit dem der zweite Standort. Als wenig später vom NS-Regime alle konfessionellen Krankenhäuser aufgelöst wurden, blieb St.Hedwig allerdings verschon. Der Grund: Goebbels ließ sich hier wegen eines Nierensteinleidens behandeln. Am 16. April 1943 schrieb er in sein Tagebuch: „Ich kann im St.Hedwig-Krankenhaus wieder die außerordentliche Ordnung und großzügige Leitung eines solchen konfessionellen Krankenhauses feststellen. Ich freue mich direkt darüber, dass ich in Berlin verboten habe, diese konfessionellen Krankenhäuser aufzulösen. Sie sind uns sehr dienlich und man soll die Nonnen ruhig in der Krankenpflege belassen.“

Schwester Gundhilde: „Als ich 1939 hier ankam, war ich achtzehn, habe als OP-Schwester gearbeitet, auch während der Bombenangriffe. In der Beschusszeit bin ich zwei Wochen nicht aus den Kleidern gekommen.“ Das Krankenhaus hatte während des Krieges vorrangig Bombenopfer und Fälle von aufkommenden Epidemien zu versorgen. Die Verfolgung jüdischer Menschen, die im jüdischen Altersheim in der Großen Hamburger Straße zur Deportation zusammengetrieben wurden, ging natürlich auch an den frommen Schwestern nicht vorbei. „Von den Leuten hier im Viertel wollte ja keiner was gewusst haben. Wir haben es gewusst,“ verriet Schwester Gundhilde nicht ohne einen Anflug von frommem Zorn und fügt etwas listig hinzu: „Es gab in der Zeit keine Brotanschnitte im Krankenhaus. Die haben wir gleich abgeschnitten, gesammelt und in Tüten gepackt. Jungens von der Straße warfen sie dann in unserem Auftrag drüben im Altersheim durchs Fenster.“ Die Fürsorgerin Marianne Hapig und Oberarzt Dr. Erhard Lux waren noch aktiver: sie versuchten, Menschen vor der Deportation zu retten. Dazu machten sie sich eine Fleckfieberepidemie zunutze. Schwester Gundhilde erklärte das: „Dr. Lux besorgte eine Vollmacht zur hygienischen Betreuung des Altersheimes. Sie machten dort Besuche, versorgten die Menschen mit Medikamenten und Lebensmitteln. Und soweit es ging attestierten sie ‚Transportunfähigkeit wegen Seuchengefahr’ und ließen die Betreffenden bei uns einweisen. Wir haben sie dann unter den Patienten der Infektionsstation versteckt.“ Die weltliche Krankenschwester Mathilde Münzer war Jüdin und arbeitete auf dieser Station. Sie begleitete 1942 freiwillig einen Deportationstransport aus dem Sammellager Auguststraße (ehemaliges jüdisches Krankenhaus) nach Theresienstadt. Sie überlebte und arbeitete nach 1945 wieder in Berlin.

Als 1943 die Flächenbombardements der Alliierten auch Berlin trafen, gelobte Pfarrer von Unold von der Kanzel der Kapelle des St.Hedwig-Krankenhauses: Wenn das Haus durch Fürbitte der Heiligen Agatha in diesem Krieg von größeren Schäden bewahrt bleibt, wolle das Haus ihr zum Dank eine Statue errichten. Der Vorstand beschloss damals, es solle ein Brunnen sein. Es ist jener im Hofe des Krankenhauses. Nach 1945 war jedoch zunächst anderes wichtig. Das Gelöbnis wurde 1996 eingelöst, der Erzbischof von Berlin, Georg Kardinal Sterzinsky, weihte den Brunnen mit der heiligen Agatha, der Schutzpatronin gegen Feuer, Erdbeben, Unwetter und Vulkanausbrüche im Rahmen der 150-Jahr-Feier.

Das Haus wurde tatsächlich nur von einer Sprengbombe getroffen. Und auch die explodierte nicht. Schwester Gundhilde: „Wir hatten Sand auf den Dachboden geschüttet, wie es Vorschrift war. Und dann sind wir hinauf und haben das Ding auf die Straße getragen.“ Und auf die Frage, ob die Nonnen denn keine Angst gehabt hätten, antwortete sie knapp: „Wir haben gebetet.“ Seit dem findet an jedem letzten Samstag im Monat ein Agatha-Gottesdienst statt.

Die meisten der Patienten waren bereits 1943 nach Birkenwerder evakuiert worden. Der Kampf um Berlin tobte 1945 auch in der Großen Hamburger Straße, Hitlerjungen und Panzer – und das St.Hedwig-Krankenhaus war das einzige betriebsfähige in Berlin. Es gab weder Licht noch Wasser, operiert wurde mit Autoscheinwerfern, die Verwundeten lagen auf Holzpritschen in den Korridoren und Treppenhäusern. Noch einmal Schwester Gundhilde: „Wenn einer von den Jungens desertierte, haben wir ihn in Papierbinden eingewickelt, so was wie Klopapier, was anderes gab’s ja nicht mehr, und unter den Verletzten versteckt. Die Patronengurte, Granaten und so habe ich in meiner Schürze hinter in den Garten getragen und dort vergraben.“ Das stelle man sich bildhaft vor: Eine Nonne nimmt einem Schulbub die Waffen ab, fasst die Schürze zur Mulde, wirft den Kriegsschrott hinein, greift sich einen Spaten und stiefelt durch Klinikkorridore und Versorgungsstraßen zum Garten, wo sie eine Grube aushebt… Das ist so naiv wie couragiert, in seiner praktischen Menschlichkeit anrührend. Nach Kriegsende erhielt das Krankenhaus sofort Hilfe und Unterstützung von Militärärzten und Sanitätern der Roten Armee.

In der DDR war das Haus den üblichen Behinderungen ausgesetzt, wie andere kirchliche Einrichtungen auch. „Aber die Herren kamen ja selbst“, meinte Gundhilde verschmitzt und nannte den Namen eines Ex-Ministers, der bis weit in die 1990er Jahre behandelt wurde. Es ließen sich jedoch auch hochrangige Dissidenten hier behandeln. Mit Hilfe aus dem Westen immer noch auf dem neuesten Stand der Wissenschaft und Medizintechnik gehalten, war das Haus auch Zuflucht für Regimegegner und Ausreiseantragsteller die, mit Berufsverbot belegt, hier ihren Unterhalt verdienen konnten. Viele Menschen in der DDR sahen im St.Hedwig-Krankenhaus die Alternative zur staatlichen Gesundheitsfabrik und kamen sogar aus den entlegensten Winkeln des Landes hierher, um sich stationär oder in der Polyklinik ambulant behandeln zu lassen, nahmen dafür beschwerliche Reisen und lange Wartezeiten in überfüllten Wartezimmern und Fluren geduldig in Kauf.

Die Maueröffnung brachte allerdings neuerlich eine schwere Zeit für das Haus: ein großer Teil des Fachpersonals ging, auf besseren Verdienst hoffend, in den Westen und das Krankenhaus kam an den Rand der Arbeitsfähigkeit. Die Situation stabilisierte sich jedoch bald.

Entsprechend der Gesundheits-Strukturreform wurde das St.Hedwig-Krankenhaus 1995 in eine GmbH umgewandelt und ist seit dem Teil der „St.Hedwig-Kliniken“. Mit Jahresbeginn 1998 übernahm „Gesellschaft der Alexianerbrüder“ die Kliniken und gliederte sie in ihr über ganz Deutschland verteiltes Klinikennetz ein. Da die bereits im 14. Jahrhundert entstandene und in Neuss am Rhein beheimatete „Kongregation der Brüder des heiligen Alexius“ sich vorrangig der Altenpflege und der Psychiatrie und Psychotherapie widmet, steht das Haus jetzt in einem erneuten Strukturwechsel, sein Auftrag als Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung bleibt allerdings bestehen. Einzelne Abteilungen wurden jedoch schwerpunktlich in das Haus „Hedwigshöhe“ verlagert. Dafür entwickelte sich ein Bereich zum „Ärztehaus“, ein Zentrum für Traditionelle Chinesische und Integrative Medizin zog da ein und weiteres soll folgen. Auch ein Dialysezentrum hat hier seine Heimstatt gefunden. Im Dezember 2002 richtete das Haus, von der Caritas unterstützt und in Zusammenarbeit mit dem Tempelhofer St.Josef-Krankenhaus, auch eine Babyklappe ein, die im Januar 2003 erstmals in Anspruch genommen wurde.

Wenn das St.Hedwig-Krankenhaus jetzt auch den Alexianern untersteht, die Borromäerinnen sind immer noch da. Und als zum Jahreswechsel 1998 / 99 der Senat das Haus schließen wollte, zogen die frommen Schwestern schweigend und mit Kerzen in der Hand zum Roten Rathaus und warteten, bis der Regierende Bürgermeister Diepgen sie endlich empfing. In einer weiteren Aktion zogen die Nonnen, mit Trillerpfeifen ihren Unmut kundtuend, zum Amtssitz der Gesundheitssenatorin, drangen in den Sitzungssaal und standen würdig stumm, aber die Regierungsbehäbigkeit störend in der Konferenz. Berlin hielt den Atem an, die Ordensschwestern waren tagelang Stadtgespräch, wie damals, als die ersten in Berlin ankamen. Das Haus war gerettet.

 

Berlin, Februar 2003

Für: „Durch das Scheunenviertel und die Spandauer Vorstadt“, Berlin (Haude & Spener) 2004